Andrej Kosyrew und Alain Juppé konnten Douglas Hurd nur zustimmen, als dieser gestern in Paris noch einmal die Londoner Linie im Bosnien-Krieg betonte. "Es gibt keine militärisch erzwungene Lösung", so der britische Außenminister, der zusammen mit seinen russischen und französischen Kollegen statt dessen weiter auf Verhandlungen setzen will.
In Washington dürften die drei Außenminister mit dieser Ansicht auf wenig Beifall stoßen. Denn die USA erwägen, der bosnischen Regierung bis zu 7,75 Milliarden Mark Militärhilfe zukommen zu lassen. Gestern verlautete aus gut informierten Kreisen in der US-Hauptstadt, Vertreter des US-Außen- und Verteidigungsministeriums hätten Kongreßmitgliedern eine "leichte" und eine "schwere" Variante für den Fall angeboten, daß das Waffenembargo gegen die bosnische Regierung seitens der Vereinigten Staaten einseitig aufgehoben würde.
Die "schwere" Version sieht demnach vor, der Regierung in Sarajevo Finanzhilfen, Waffen und Verpflegung im Wert von bis zu 7,75 Milliarden Mark zukommen zu lassen. Die "leichte" Version sehe lediglich Hilfe im Wert von 775 Millionen vor. Ferner denke das US-Verteidigungsministerium darüber nach, wie die bosnischen Truppen ausgebildet werden könnten. Zudem führt die Clinton-Administration nach Angaben von Dennis Boxx, dem Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, Verhandlungen mit dem Kongreß über die einseitige Aufhebung des Waffenembargos. Boxx zufolge wird auch über die Möglichkeit beraten, beim UN-Sicherheitsrat die Genehmigung einzuholen, ausschließlich auf Verteidigung ausgerichtete schwere Waffen an die Bosnier zu liefern.
Im Pentagon hieß es, die Konsultationen seien am Mittwoch aufgenommen worden. Sie beruhen auf einem im September vom Kongreß beschlossenen Gesetz, dem Nunn-Mitchell-Artikel. Darin wurde Präsident Bill Clinton aufgefordert, einen Plan für die Ausbildung von bosnischen Regierungstruppen außerhalb ihres Landes auszuarbeiten, sollten die bosnischen Serben den Teilungsplan der internationalen Kontaktgruppe für Bosnien weiter nicht annehmen. Auf dieses Gesetz hatte sich US-Präsident Bill Clinton schon bei seiner Entscheidung, die US-amerikanische Überwachung des Bosnien-Waffenembargos ab Mitte November einzustellen, berufen.
Allerdings hätten bereits mehrere US-Parlamentarier bei dem Treffen mit den Mitarbeitern der Ministerien Bedenken gegen die Entsendung von militärischen Ausbildern angemeldet. Den Angaben zufolge sollen die Konsultationen in den kommenden Wochen fortgesetzt werden. Frankreich, Rußland und Großbritannien, wie die USA ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrats, sind gegen die einseitige Aufhebung des Waffenembargos.
Dementiert wurden vom Pentagon dagegen Presseberichte, nach denen die USA bereits jetzt aktiv auf der bosnischen Seite in den Krieg um die exjugoslawische Republik eingegriffen hätten. Die britische Wochenzeitung The European hatte am Donnerstag berichtet, kleine Gruppen von CIA- Agenten bildeten bosnische Truppen für taktische Operationen aus. Ferner lieferten die USA der bosnischen Führung Satellitenbilder.