Es herrscht Unfrieden in der deutschen Helfer-Szene. Der Auslöser: Am vergangenen Montag hatte die ARD-Sendung "Report Mainz" einen kritischen Bericht über die unabhängige Hilfsorganisation Cap Anamur gesendet.
In dem Fernsehbeitrag werfen ehemalige Mitarbeiter des Notärzte-Komitees ihrer Ex-Organisation "mangelnde Vorbereitung", "fehlende Sorgfalt" und "ineffizientes Arbeiten" vor. Weiter behauptet Report, Neudecks Organisation habe während des Kosovokrieges insgesamt fast 58 Millionen Mark an Spenden eingenommen - aber "nicht einmal jede zehnte Spendenmark unmittelbar für Flüchtlinge ausgegeben".
Cap-Anamur-Gründer Rupert Neudeck warf den Report-Machern am Mittwoch seinerseits bei einer Pressekonferenz in Bonn "Manipulation" vor. Der Beitrag des Journalisten Thomas Leif sei "nicht ausreichend recherchiert" und habe offensichtlich zum Ziel, die humanitäre Arbeit von Cap Anamur zu zerstören. Die Vorwürfe gegen Cap Anamur stammen laut Neudeck aus einer Studie des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR. Der ehemalige Arbeitsminister Norbert Blüm (CDU), der gemeinsam mit Neudeck die Pressekonferenz abhielt, warf dem UNHCR zudem "Weltfremdheit" und "Expertokratie" vor.
"So etwas stößt schon ein bisschen bitter auf", meinte dazu gestern der Berliner UNHCR-Sprecher Stefan Telöken, "zumal an einem Tag, an dem in Westtimor drei UNHCR-Mitarbeiter bei der Verteilung von Hilfsgütern von Milizen angegriffen und verletzt werden." Eine Studie zu Cap Anamur habe es beim UNHCR zudem nie gegeben. Zum Vorwurf der "Expertokratie" gebe es auch ein Gegenstück: "Zu viele Gutwillige, die versuchen, in Krisensituationen Hilfe zu leisten."
Auch den Vorwurf, Cap Anamur zerstören zu wollen, wies Telöken zurück: In der Vergangenheit habe das Hochkommissariat oft mit Cap Anamur zusammengearbeitet. Dabei habe es sicher auch Dissens gegeben - so zuletzt während des Kosovokrieges, als das UNHCR eine Verlegung der albanischen Flüchtlinge aus den Lagern Nordalbanien ins Landesinnere favorisiert hatte, Cap Anamur dies aber als Unterstützung der "ethnischen Säuberung" des Kosovo abgelehnt hatte.
Aber: Das UNHCR sei sich sehr wohl darüber bewusst, dass Fehler gemacht wurden. Deshalb habe das Flüchtlingshilfswerk selbst seinen Einsatz von einer unabhängigen Expertenkommission überprüfen lassen. Der entsprechende Bericht sei bereits im Februar dieses Jahres veröffentlicht worden und im Internet abrufbar (Adresse siehe unten).
"Im Kosovokrieg haben wir mit allen Hilfsorganisationen zusammengearbeitet", so UNHCR-Sprecher Telöken, "und zumindest in Nordalbanien wurden wir dafür gelobt."
www.swr.de/report
www.cap-anamur.org
www.unhcr.ch/evaluate/kosovo/toc.htm