Nach Informationen des Notärztekomitees "Cap Anamur" ist das Leben der kroatischen ZivilistInnen in Zentralbosnien "in allerhöchstem Maße gefährdet". Die Hilfsorganisation berichtete unter anderem von Mißhandlungen von Franziskanermönchen durch bosnisch-muslimische Soldaten. "Cap Anamur" wies darauf hin, daß gerade die Franziskaner sich seit Beginn der Kämpfe zwischen der Miliz "Kroatischer Verteidigungsrat" (HVO) und Regierungstruppen gegenüber der bosnischen Regierung loyal verhalten hätten.
Auch die Lage der rund 55.000 meist muslimischen ZivilistInnen im Ghetto von Mostar bleibt unsicher. Die HVO weigerte sich gestern weiterhin, die Eingeschlossenen mit Nahrung, Wasser und Medikamenten zu versorgen. "Cap Anamur" bestätigte die Meldungen der taz, nach denen etwa 10.000 Männer in der Gegend um Mostar in vier Lagern gefangengehalten würden. In Dretelj unterhält die HVO demnach ein Camp mit etwa 2.000 Kriegsgefangenen in einem ehemaligen Benzinlager, in Gabela sind weitere 1.000 in einem Erdstollen interniert. In Grabovine und im Heliodrom von Mostar, einer ehemaligen Sportanlage, werden 4.000 Männer festgehalten.
Die australische UNHCR-Mitarbeiterin Kirsten Young berichtete der Nachrichtenagentur AFP, in den Lagern Gabela und Dretelj hätten die Männer kein Wasser erhalten und seien deshalb gezwungen gewesen, ihren eigenen Urin zu trinken. Der kroatische Präsident Franjo Tudjman forderte die Führung der bosnischen Kroaten in scharfem Ton auf, eine humane Behandlung der Kriegsgefangenen zu gewährleisten.
Der bosnische Präsident Alija Izetbegovic kündigte gestern mittag an, er wolle am Abend vor dem UN-Weltsicherheitsrat Klage über die mangelnde Unterstützung Bosnien-Herzegowinas durch die internationale Gemeinschaft führen. Es seien zwar "positive Resolutionen" beschlossen und "schöne Worte" gemacht worden. Dahinter ständen aber "wenig Taten".