Die internationale Überwachung der serbischen Blockade gegen die bosnischen Serben sei "nicht wichtig", hatte Rußlands Außenminister Andrej Kosyrew verkündet, als er in der Nacht zum Dienstag das ehemalige Jugoslawien verließ. Entscheidend sei es dagegen, Serbiens Präsident Slobodan Milosevic bei seinem Kampf gegen die serbischen Gegner des Plans der internationalen Kontaktgruppe, einer Initiative der USA, Rußlands, Frankreichs, Großbritanniens und der BRD zur Beendigung des Krieges in Bosnien-Herzegowina, zu unterstützen. Konkret: Die UN soll die Sanktionen gegen Belgrad sofort aufheben - zumindest zum Teil.
Was die Kontaktgruppe im Gegenzug erhalten würde, sagte der Moskauer Abgesandte dagegen zumindest nicht laut. Denn laut der Zagreber Zeitung Vecernji List war die Überwachung des restjugoslawischen Embargos gegen die selbsternannte "Serbische Republik" sehr wohl ein Thema bei Kosyrews Gesprächen. Der serbische Präsident habe demnach angeboten, UN-Beobachter entlang der serbisch-bosnischen Grenze zu stationieren - freilich nur, "um die störungsfreie Belieferung mit humanitärer Hilfe zu sichern". Damit wäre beiden Seiten gedient: Milosevic müßte sich keine Blöße gegenüber den nationalistischen Hardlinern in Belgrad und Pale, dem Hauptquartier der bosnischen Serben, geben - schließlich hätte er ja kein Stück Souveränität an die UN abgegeben. Und die Kontaktgruppe könnte nach der Ablehung ihres "Friedensplans" durch das Referendum der bosnischen Serben endlich einen Erfolg vorlegen.
Nach Angaben der Washington Post könnte die UN sofort bis zu 400 Beobachter an den 50 wichtigsten Übergängen in die rund 70 Prozent Bosniens, die zur Zeit unter der Kontrolle des bosnischen Serbenführers Radovan Karadzic stehen, bereitstellen. Die USA hatten am Montag erneut darauf hingewiesen, daß es ohne eine Überwachung der bosnisch-restjugoslawischen Grenze keine Aufhebung der Sanktionen geben werde. Außenminister Warren Christopher hatte seitdem erfolglos versucht, mit seinem Moskauer Kollegen Kosyrew Einzelheiten über dessen Gespräch mit Milosevic zu erfahren.
In Washington hatte sich in den letzten Monaten immer stärker die Meinung durchgesetzt, daß für den Fall einer Ablehung des Kontaktgruppen-Planes durch die bosnischen Serben das Waffenembargo gegen Bosnien aufgehoben werden müsse - notfalls einseitig und gegen den Willen der anderen Mitglieder der Kontaktgruppe. Kosyrew hatte im Verlauf seiner Reise durch die exjugoslawischen Hauptstädte betont, daß Rußland in diesem Fall die Sanktionen gegen Belgrad aufheben werde - wenn nötig ebenfalls einseitig. Gestern kündigten die USA nun eine neue Bosnien-Initiative im Weltsicherheitsrat an: Noch in dieser Woche sollen nach Angaben von Wahingtoner Diplomaten die Sanktionen gegen Serbien verschärft und soll das Waffenembargo aufgehoben werden.