OSZE-Chef Robert Barry, die Sozialdemokratische Partei, ja selbst der muslimische Präsident Alija Izetbegovic und seine kroatischen und serbischen Konkurrenten - alle sind zufrieden mit den zweiten Kommunalwahlen in Bosnien seit Kriegsende. Und irgendwie haben sie alle durchaus Recht.
Denn trotz gewisser Einbußen werden die nationalen Parteien auch diesmal an der Macht bleiben. Die exkommunistischen Sozialdemokraten, die 1991 abgewählt worden waren, gewinnen nun die eine oder andere Großstadt zurück. Der für die Wahlausrichtung zuständigen Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa ist es wieder gelungen, die Illusion vom demokratischen Nachkriegs-Bosnien aufrecht zu erhalten.
Nur: Mit der Situation der Menschen in dem nach wie vor weitgehend zerstörten Land haben die Erfolgsmeldungen herzlich wenig zu tun. Auch nach dieser insgesamt fünften Abstimmung seit dem Dayton-Friedensvertrag wird Bosnien in untereinander weitgehend unzugängliche nationale Teilstaaten aufgeteilt bleiben. Die Verwaltung wird auch in Zukunft nur für diejenigen funktionieren, die ausreichend schmieren können. Sechzig Prozent der BosnierInnen werden weiterhin arbeitslos sein. Und auch nach den so "erfolgreichen" Kommunalwahlen werden intelligente junge Menschen das Land scharenweise verlassen.
Im Jubelgeschrei über die "freien und fairen" Wahlen droht unterzugehen, dass die internationale Gemeinschaft in den fünf Jahren seit Kriegsende wenig mehr getan hat, als ein paar Brücken zu reparieren, die besten Büroräume mit ihren Institutionen zu besetzen und scharenweise Fahrer und Sekretärinnen anzustellen. Dies in einem gewaltigen Ausmaß: Wenn die aus UN, OSZE und anderen Organisationen bestehende internationale Sozialbürokratie morgen die Zelte abbauen würde, dann läge die Arbeitslosigkeit sofort bei 90 Prozent - mit allen sozialen und politischen Folgen.
Eigentlich hat die internationale Gemeinschaft in Bosnien jedoch nicht den Auftrag, sich selbst zum Hauptarbeitgeber zu machen. Sie soll normale demokratische Zustände herstellen. Dies ist bisher nicht gelungen. Doch statt dieses zu thematisieren und nach Auswegen zu suchen, werden ein paar sozialdemokratische Wahlsiege zu demokratischer Reife hochstilisiert. Früher hieß es, auf dem Balkan spielten die Titoisten Sozialismus; heute spielen andere Demokratie.