Rüdiger Rossig | Journalist | Novinar

Humanitäre Hilfe läuft "ziemlich reibungslos"

Versorgung von Gorazde und UN-Bataillons in Tuzla verhindert - Silajdzic: Bosnische Serben benutzen Flugplätze in Rest-Jugoslawien - Kämpfe um Bihac | Von Rüdiger Rossig

Trotz heftiger Kämpfe in den meisten Teilen Bosnien-Herzegowinas setzten das UN-Hochkommisariat für Flüchtlinge (UNHCR) und andere Hilfsorganisationen gestern die Versorgung der notleidenden Bevölkerung fort. "Im Moment läuft alles ziemlich reibungslos", sagte ein Sprecher des UNHCR- Büros in Zagreb gegenüber der Nachrichtenagentur dpa.

Vor Ort war davon allerdings wenig zu merken: Truppen der bosnischen Serben verhinderten erneut die Versorgung des skandinavischen UN-Bataillons in Tuzla. Die Milizionäre fordern die Aussetzung der Nachschublieferungen bis zum 10. Dezember, um neue Verhandlungen zwischen Serben und UNO zu erzwingen. Auch die Belieferung der muslimischen Enklace Gorazde in Ostbosnien wurde erneut verhindert. Laut dem Genfer UNHCR-Sprecher Ron Redmond ließen die Soldaten Konvois mit Winterkleidung und Baumaterial für die rund 60.000 in der Stadt eingeschlossenen Menschen nicht durch, da die serbischen Posten vor Gorazde die Zusagen ihrer Truppenführung an das UNHCR für "unerheblich" hielten.

In einem Schreiben an den Weltsicherheitsrat verlangte der bosnische Regierungschef Haris Silajdzic derweil erneut die konsequente Durchsetzung des militärischen Flugverbots, das in den letzten Tagen von den Serben immer häufiger mißachtet werde. "Sollte die UNO nicht in der Lage sein, die serbischen Angriffe gegen unsere Städte zu unterbinden, könnte dies alle Friedensverhandlungen zunichte machen", zitierte der bosnische Rundfunk den Premier. Bosnische Militärs sprachen von zunehmenden Luftangriffen der bosnischen Serben, deren Kampfflugzeuge von Flugplätzen im benachbarten Rest-Jugoslawien starteten.

Die verstärkten serbischen Offensiven werden auf einen Befehl des Generals Ratko Mladic zurückgeführt, der die Eroberung der muslimischen Enklaven Teocak und Zvornik "bis spätestens 10. Dezember" angeordnet hatte. Damit sollten nach Meinung bosnischer Militärs vor einer eventuellen Fortsetzung der Friedensverhandlungen neue Tatsachen geschaffen werden.

Gefechte wurden auch aus der Enklave Bihac in Westbosnien gemeldet. Laut UNO-Beobachtern befanden sich die "Autonomisten", deren Anführer Fikret Abdic Ende September die Abspaltung von der Führung in Sarajevo beschlossen hatte, gestern im Vormarsch gegen die Regierungstruppen. Der bosnische Rundfunk warf der UNO vor, die Aufrüstung der Autonomisten "geduldet und unterstützt" zu haben.