Die westlichen Friedensstifter auf dem Balkan sind wieder mal von sich begeistert. Auf ihren Druck hin will Makedoniens Regierung die albanische Minderheit jetzt in die Verfassung aufnehmen - als zweites, gleichberechtigtes Staatsvolk neben den slawischen Makedoniern. An sich ist das ein sinnvoller Schritt: Die Albaner stellen mehr als ein Viertel der BürgerInnen Makedoniens. Sie in die Verfassung aufzunehmen hätte bei der Unabhängigkeit von Jugoslawien 1992 sicher zur Integration in den neuen Staat beigetragen. Heute dagegen wird die Maßname die Konflikte eher verschärfen.
Anfang der Neunziger trafen auf dem Balkan verschiedene Ideologien aufeinander. Für oder gegen den jugoslawischen Vielvölkerstaat, für oder gegen die Unabhängigkeit der Republiken - das waren die großen Fragen. Doch zehn Jahre Zerfall, Dauerkrise und Krieg haben die politischen Akteure in Südosteuropa verändert. Der albanischen UÇK-Guerilla etwa geht es heute nicht um die Rolle, die die albanische Bevölkerung in den makedonischen Gesetzen spielt. Sie will die Kontrolle der Grenzregion zu Serbien, Kosovo und Montenegro - und damit die Profite, die dort durch Schmuggel und andere Geschäfte gemacht werden. Auch auf der anderen Seite ist das politische Argument vorgeschoben. Dem slawomakedonischen Establishment geht es nicht um die Gefahr eines makedonischen Terrorismus gegen die Albaner, sondern um die Sicherung "ihres" Staatsapparates und der damit verbundenen Pfründen für ihre Klientel.
Bei einer solchen Ausgangslage muss die Aufnahme der Albaner in die makedonische Verfassung wirken wie ein Sieg der UÇK. Die Guerilla schießt - und prompt kommen internationale Vermittler und setzen ihre patriotischen Forderungen durch. Es wäre verwunderlich, wenn das auf slawomakedonischer Seite keine Nachahmer fände. Etwa nach dem Motto: Jetzt bedrohen uns die Albaner. Wir schlagen zurück. Der Balkan wird nicht durch Gesetzesänderungen befriedet. Dazu braucht es den Aufbau wirtschaftlicher und sozialer Strukturen. Das aber ist teurer als eine Diplomatenreise.